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VON DER KÜNSTLICHEN ZUR GÖTTLICHEN INTELLIGENZ.

Die Verflechtung von Technologie und Spiritualität entwickelt sich zusehends zu einem spannenden Thema: Welche Bedeutung wird die Künstliche Intelligenz (KI) in Zukunft für die Entwicklung der Spiritualität in der Gesellschaft haben? Der kürzlich vorgestellte KI-Chatbot "Sprich mit Jesus" zeigt, wohin die Reise gehen wird. Die App wurde auf Basis von ChatGPT entwickelt und bietet interessierten Usern die Möglichkeit, mit dem im digitalen Hintergrund verborgenen „Jesus-Avatar“ zu kommunizieren. Es dürfte also nur eine Frage der Zeit sein, bis auch ein spirituell programmierter Roboter sowie andere digitale Assistenten für eine ganz neue Entwicklung in den Bereichen Spiritualität und Religion sorgen.

Wie bedeutsam sich diese Entwicklung auf unsere Gesellschaft auswirken wird, hat Elon Musk kürzlich auf seiner Social-Media-Plattform X wie folgt beschrieben: „Wenn KI alles kann, was Menschen können, aber besser - welchen Sinn hat es dann, etwas zu tun? Diese Frage hat das Potential, eine existenzielle Krise auszulösen.“ Das mag zunächst beunruhigend klingen. Sobald man aber in die positive Perspektive wechselt, wird erkennbar, dass das befürchtete Krisenszenario zu einer durchaus vorteilhaften Entwicklung in der Gesellschaft beitragen kann. Um es mit den Worten von Hölderlin zu sagen: "Wo Gefahr ist, wächst auch das Rettende.“

Wie aber kann das Rettende erkannt werden, wenn das wirtschaftliche und soziale Klima zu immer mehr Verunsicherung und Belastungsstörungen in der Bevölkerung führt und dadurch die kognitiven Funktionen überlagert und eingeschränkt werden? Hartmut Rosa, Professor für Allgemeine und Theoretische Soziologie an der Universität Jena, warnt in diesem Zusammenhang sogar vor einem bevorstehenden kollektiven Burnout.

Unbestreitbar ist, dass die Einflüsse auf unser Stressempfinden, die sogenannten Stressoren, in den letzten Jahren deutlich zugenommen haben. Hauptverantwortlich für diese Entwicklung ist vor allem der exponentielle Zuwachs an Informationen. Nahezu rund um die Uhr versorgen uns Fernseher, Computer und Smartphones mit aktuellen Nachrichten aus aller Welt. Das Problem dabei ist, dass viele Menschen kaum noch Zeit zum Innehalten und Nachdenken haben und somit fundamentale Fragen, wie zum Beispiel nach dem Sinn des Lebens, gar nicht erst gestellt werden.

Sollte die Künstliche Intelligenz tatsächlich dazu führen, dass immer mehr Menschen ihren Arbeitsplatz verlieren, hätte dies zunächst einmal den Vorteil, dass dadurch auch einige wichtige Stressoren ausgeschaltet werden. Die Menschen hätten in dieser Situation wieder Zeit und Muße, über sich und ihr weiteres Leben nachzudenken. Insbesondere was ihre Neigungen und Potenziale angeht, die bislang ein Schattendasein geführt haben. So gesehen, würde weniger Stress den Menschen die Möglichkeit bieten, sich Aufgaben und Tätigkeiten zuzuwenden, die ihren Fähigkeiten und Talenten entsprechen. Gleichzeitig würde sich die Lebensqualität verbessern und gesundheitliche Risiken könnten reduziert werden.

Dass die Künstliche Intelligenz durchaus Schwachstellen hat, konnte kürzlich von einem amerikanisch-chinesischen Forschungsteam in einer
Studie nachgewiesen werden. Dabei wurden 14 KI-Modelle unterschiedlicher Anbieter analysiert. Das wichtigste Ergebnis der Untersuchung war, dass die Antworten der an der Studie beteiligten KI-Modelle weder vorurteilsfrei noch politisch neutral beantwortet wurden. Die bei den Softwarekonzernen zuständigen Entwickler haben bereits angekündigt, die notwendigen Anpassungen zügig vornehmen zu wollen.

Weitgehend unbekannt ist, dass schon Anfang der 60er Jahre Versuche gestartet wurden, Grundmechanismen der Evolution aus ihrem biologischen Kontext zu abstrahieren. Man erhoffte sich damit eine deutliche Optimierung bei der Entwicklung selbstlernender Systeme, die damals auch als "
Evolutionäre"- sowie "Genetische Algorithmen" bezeichnet wurden. Es ist somit davon auszugehen, dass die weitere Entwicklung auf dieser Ebene, auch die Prozesse der Evolution, insbesondere die des Lebens, zunehmend beeinflussen und verändern werden.

Inzwischen spielen KI-Algorithmen, die sich selbstständig optimieren können, eine immer wichtigere Rolle für deren Weiterentwicklung. Wichtigstes Ziel dabei ist, eine neue Stufe der Intelligenz zu erreichen. Deshalb wird auch die Entwicklung eines „artifiziellen Bewusstseins“ als eine der größten Herausforderungen der Wissenschaft in der Zukunft bezeichnet. Ob sie sich tatsächlich als Bereicherung oder gar als eine zusätzliche Möglichkeit für die evolutionäre Optimierung ereisen wird, bleibt freilich abzuwarten.

komplex
Die exponentielle Dynamik der KI-Entwicklung verändert das Menschsein.

Es braucht nicht viel Phantasie um sich vorstellen zu können, dass die zunehmende Abhängigkeit von Künstlicher Intelligenz tiefgreifende Veränderungen nach sich ziehen wird. Diese Veränderungen werden sich nicht nur auf die äußeren Lebensbereiche auswirken, sondern vor allem auch auf die Psyche und den Glauben weiter Bevölkerungskreise. Schon heute zeichnet sich ab, dass immer mehr Menschen mit der ständig wachsenden Komplexität ihrer Lebenswelten überfordert sind und sich deshalb vermehrt den wesentlichen Fragen des Lebens zuwenden.

Der Philosoph Teilhard de Chardin kam bereits 1959 in seinem Buch "Der Mensch im Kosmos" zu dem Ergebnis, dass das Universum einem Prinzip folgt, das von zunehmender Komplexität geprägt ist. Dabei handelt es sich vor allem um eine exponentielle Entwicklung von Informationen. Dass sich seine Prophezeiung bereits erfüllt hat, zeigt eine
Analyse von Statista aus dem Jahre 2023. Demnach betrug die weltweit generierte digitale Datenmenge im Jahre 2010 nur 2 Zettabyte. Bis 2027 sollen bereits über 280 Zettabyte erreicht werden. Diese Zahlen machen deutlich, dass das menschliche Gehirn nicht einmal ansatzweise in der Lage ist, seine Leistungsfähigkeit der exponentiellen Dynamik dieser Entwicklung anzupassen. Zahlreiche Untersuchungen belegen vielmehr, dass eine Informationsüberflutung sowohl die Entscheidungsfindung im Alltag und damit die Orientierung der Menschen deutlich erschwert, sondern sie wirkt sich auch nachteilig auf deren Gesundheit und Leistungsfähigkeit aus.

Angesichts dieser Entwicklungen stellt sich die spannende Frage, ob die vom Menschen gemachte KI, möglicherweise auch nur ein Produkt der Göttlichen Intelligenz sein könnte und – wie alles, was in unserem Universum existiert - von dieser entwickelt und gesteuert wird. Am Ende wird wohl der Glaube darüber entscheiden, welcher Sichtweise sich jeder Einzelne von uns anvertrauen will.

© Berndt Schramm
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